Karl-Ludwig Leiter
Wie vor Was
KEN. Karl-Ludwig Leiter führt uns am Anfang zurück in die frühen Siebziger. Hippiezeit, Partyzeit, alles ziemlich abgefahren. Was auch immer Joe zu sich genommen hatte, er schoss für Sekunden in die Höhe, sagte bedeutungsvoll: »Wie vor Was« - und sank zurück ins Reich der Halluzinogene. Das soll nicht umsonst gewesen sein.
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Karl-Ludwig Leiter beschreibt das Erlebnis als Schlüsselereignis für sein Leben. Bedeutend genug war es jedenfalls, um hier als griffiger Titel eines Buchs zu dienen, in dem er sich auch als großartiger Lehrer des Zen-Meditation zeigt.
Die Zauberformel für Zufriedenheit und Zuversicht
Ich stelle mir das Ereignis mit Joe recht gespenstisch vor. Vor seiner »Erleuchtung« hatte er nach Leiters Beschreibung schon eine Weile bewegungslos auf dem Rücken gelegen. Selbst seine härtesten Mitkiffer begannen sich Sorgen zu machen. Dass Joe gleich nach »Wie vor Was« wieder abtauchte, hätte bei mir sicher auch den Eindruck verstärkt, dass hier etwas besonders Wichtiges aus dem Jenseits ins Diesseits gelangt war.
Karl Ludwig Leiter jedenfalls ging es so. Und in sehr vielen Jahren wirklich seriöser Auseinandersetzung mit dem Buddhismus kommt er immer wieder auf die Kurzformel des damaligen Abends für mehr Zufriedenheit und Zuversicht zurück. Er bezeichnet sie sogar als Zauberformel.
Ich finde es lohnend, sich mit diesem Buch auseinanderzusetzen und das »Wie vor Was« in das eigene Leben einzubauen. Es ist sicher kein Zufall, dass gerade in dieser Zeit mehr Menschen sich im Sinn von Karl-Ludwig Leiter äußern. Hans-Uwe L. Köhler (»Hau eine Delle ins Universum«) befreit uns von dem Streben nach Erfolg und setzt ein gelingendes Leben darüber.
»Wie vor Was« drückt es noch knapper aus. Während das Was sich immer auf etwas Statisches, Fertiges, für viele Beängstigendes wie Krankheit und Tod bezieht, lädt uns das Wie ein, aktiv zu werden und den Prozess als solchen zu genießen. Früher oder später wird ein Ergebnis wie ein fertiges Haus, das nächste Buch, das Lieblingsauto keine Bedeutung mehr für uns haben.
Was uns aber im Prozess des Werdens niemand wieder nehmen kann und was nur während dieses Werdens von Bedeutung ist, das ist das Wie. Wie haben wir etwas getan, wie uns dabei gefühlt? Und wie können wir das, was uns möglicherweise stresst bis hin zum Ausbrennen, auf eine weit entspanntere Weise erlangen? Wann immer wir etwas ernsthaft tun, sollten wir dabei zuversichtlich und zufrieden sein können. Was auch etwas mit im Frieden mit uns und unseren Bedürfnissen zu tun hat.
Das Riesenpaket Zen-Buddhismus in drei Wörter einzudampfen, finde ich ziemlich mutig. Auch wenn viele Meditationen in der Bewegungslosigkeit geschehen, wie Karl-Ludwig Leiter auf seinem Weg zur Meisterschaft immer wieder erfahren durfte, ist der Buddhismus ein aktiver Prozess statt eine Einladung zu Resignation und Bequemlichkeit.
»Wie vor Was« ins eigene Leben zu übertragen, passiert nicht einfach als Mantra, sondern muss und kann, wenn ich Leiter richtig verstanden habe, auf einem aktiven Weg immer wieder neu erlebt werden. Das ist das Gute daran, denn wonach auch immer wir streben, bleibt uns nur, was der Moment uns gibt. - Und ganz am Ende vielleicht sogar nicht einmal das.