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Detlef Brendel und Sven-David Müller – Die Zuckerlüge Detlef Brendel und Sven-David Müller
Die Zucker-Lüge

KEN. Nee. Oder? Jetzt bin ich seit Jahrenden, wie die Kabarettistin Gerburg Jahnke sagen würde, überzeugt, dass Zucker schlecht ist! Und dann behaupten Detlef Brendel und Sven-David Müller in »Die Zucker-Lüge«, dass das gar nicht stimmt. Wo doch schon mein Zahnarzt sagt, mein Gebiss sei für mein Alter viel zu gut, um wahr zu sein.

 
 

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Lebensmittelkontrolleure treiben jeden in die Ecke, der seinem gut gemeinten Brotaufstrich nach dem Rezept der Großmutter zu mehr Geschmack und vor allem Kundschaft verhelfen möchte. Wer dabei genügend zahlt, findet garantiert jemanden, der Qualität oder Schädlichkeit wissenschaftlich bestätigt. Wer gerade auf irgendetwas Appetit hat, begegnet garantiert jemandem, der ihm das Leckere madig macht. Erst recht, wenn es süß ist.

Bis zum jeweiligen Beweis des jeweiligen Gegenteils

Die Crux bei »Die Zucker-Lüge« ist, dass die Autoren zunächst zwei Verfechter der Anti-Zucker-Liga niederzuringen versuchen: den Systemed-Verlag in Lünen und dessen LOGI-Konzept für die niedrig-glykemische Ernährung, und Kurt Mosetter, der 2013 in einem Autorenteam »Zucker – Der heimliche Killer« veröffentlichte.

Ich kenne diese beiden in unterschiedlichen Rollen jeweils ein bisschen, muss deshalb aber weder ihnen noch Detlef Brendel und Sven-David Müller pauschal zustimmen. Nach 250 Seiten »Die Zucker-Lüge« ist bei mir hängengeblieben, dass Zucker schon deshalb gut sein muss (!), weil er schmeckt und wir Menschen eben Süßes mögen. Zweitens gibt es für das jeweilige Gegenteil nicht genügend Gegenbeweise.

Es fällt also schwer, hinterher schlauer zu sein, als wir es mit dem leiblich Erprobten bereits waren. Vielleicht ist das Folgende ja genau, was jeder aus eigenem wissenschaftlichen Antrieb tun sollte: Probiere den jeweilige Trend aus und unterlasse ihn danach wieder eine Weile. Übernehme dann für deinen Alltag, was für dich funktioniert, selbst wenn du der Einzige sein solltest, dem es gut damit geht. Für dich allein genommen, sind das schon mal hundert Prozent.

Warum überhaupt gibt es »Die Zucker-Lüge«? Warum mit Detlef Brendel, der alle Tricks der Steuerung einer öffentlichen Meinung zu kennen scheint – und hier die gleichen Register zieht. Und warum mit Sven-David Müller (* 1969), der für sein journalistisches Engagement in der Ernährungsaufklärung 2005, also im zarten Alter von 36 Jahren, das Bundesverdienstkreuz erhalten haben soll?

Das Dicke möglicherweise wegen zu viel Zucker und gleichzeitig zu wenig Bewegung so sind, das halte auch ich für wahrscheinlich. Zucker ist zudem nicht gleich Zucker. Er kommt in vielen naturbelassenen Lebensmitteln vor und wird durch Umwandlungen gegebenenfalls sogar in unserem eigenen Körper von uns selbst hergestellt. Aber dass (raffinierter) Zucker, weil er gut schmeckt, deshalb entgegen aller Bedenken auf das Niveau eines Grundrechts gehoben werden soll, das muss ja nicht so sein.

In der Volkskunde erfuhren wir seinerzeit, dass es sinkende und steigende Kulturgüter gibt. Lebensmittel wie Rucola wurden vom Arme-Leute-Essen mit der Bezeichnung Rauke über die italienische Küche wieder salonfähig und flattern uns seither im Biergarten von der veganen Edelpizza.

Zucker, wie wir ihn roh, braun, weiß oder als Kandis kennen, ist im Vergleich zur Menschheitsgeschichte noch zu jung für ein Grundnahrungsmittel. Es ist noch nicht lange her, dass der Pro-Kopf-Konsum von raffiniertem Zucker bei den Preußen aus umgerechnet einem Würfel bestand – pro Jahr! Historisch gesehen nur Momente später beschwerten sich just die Bewohner der Zuckerinsel Kuba darüber, dass ihnen die Regierung pro Person nur ein Kilo davon im Monat zugestand und den Rest exportierte.

Zucker ist etwas, woran wir und unsere Geschmacksnerven sich in größeren Dosen gewöhnt haben. Ob wir uns mit oder ohne wohler fühlen, sollte jeder selbst herausfinden. Leider muss er das auch aktiv und selbstkritisch tun. Vielleicht ist er ja die Ausnahme, die weder von Brendel/Müller noch von Mosetter/Systemed und ihren jeweiligen wissenschaftlichen Bestätigungen erfasst wurde.

Bis dahin ist mir jeweils die Theorie näher, die mein eigenes Empfinden und meine eigenen Erfahrungen bestätigt. Denn dass uns die jeweiligen Gewinner der Pro- oder Contra-Argumente überzeugen möchten, liegt einfach zu nahe.

»Die Zucker-Lüge« sammelt meiner Meinung nach eher Argumente für das Süße, versucht dann die Gegner des Zuckerkonsums zu widerlegen und behauptet im Zweifelsfall, für die Position gegen die Gegner gebe es keinen Beleg. Also müsse man davon ausgehen, dass sie wahr ist, solange es keine anderslautende Veröffentlichung gebe. Als könnte eine Gabel erst eine Gabel sein, wenn jemand beweist, dass das Messer kein Löffel ist.

Ich fand »Die Zucker-Lüge« interessant, aber so ging es mir auch mit anderen Veröffentlichungen zu Zucker, Fett, Salz und Kohlehydraten. Gerade deshalb probiere ich die jeweiligen Argumente in meiner ganz persönlichen »Testserie« aus, stelle mich zwischendurch auf die Waage und hoffe, dass mein Hausarzt mich nicht mit Standardwerten erschlägt, die ein Indiz für Gesundheit oder Krankheit sein sollen und im Übrigen gerade wieder einmal revidiert werden.

»Die Zucker-Lüge« hat mich als Buch mit dem Anspruch einer Aufklärung über »das Netzwerk der Befindlichkeitsindustrie« so sehr oder so wenig überzeugt wie »Zucker – Der heimliche Killer«. Den Ausschlag für ein Leben mit oder ohne Zucker, mit viel oder wenig Kohlehydraten, Eiweiß, Gemüse, Obst, Fleisch und Nudeln hat stets das eigene Wohlbefinden gegeben.

In diesem Sinn finde ich »Die Zucker-Lüge« so nachvollziehbar wie am Ende verwirrend. Gegen etwas wie Zucker zu sein, ist schwer genug. Gegen die Gegner zu sein, ist da schon einfacher, weil jemand die Befürworter bereits hinter sich weiß. Die müssen deswegen aber nicht automatisch recht haben.



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