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Caspar Dohmen - Otto MoralverbraucherCaspar Dohmen
Otto Moralverbraucher

KEN. Nach ethischen Maßstäben einkaufen, ist gar nicht so einfach. Durch Boykott oder Buy-kott auf aktuelle politische Entscheidungen Einfluss nehmen, ist noch schwerer. Der Otto Normalverbraucher könnte ein politisch engagierter Verbraucher sein. Aber verhökert er damit eher die Moral, die er vertritt? Ist er damit ein »Otto Moralverbraucher«?

 
 

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Caspar Dohmen glaubt, dass (politisch) engagiertes Konsumieren nur zu oft das Gegenteil der eigentlichen Absicht bewirkt. Engagierte Verbraucher wollen eine bessere Welt. Ob ihr Versuch einer Transformation der aktuellen Wirtschaft gelingt, steht jedes Mal wieder neu in den Sternen.

Vom Sinn und Unsinn engagierten Konsumierens

Boykott als »privat organisierter freiwilliger Verzicht von Käufern, der sich gegen Unternehmen oder Staaten richtet«, ist eben nicht ohne Gegenentwürfe. Zumal das Embargo des eines Staats gegen einen anderen Staat mehr bewirkt wegen großflächiger Kontrollen bei Verstößen.

Caspar Drohnen zitiert unter anderem Klassiker unter den politisch motivierten Boykotts, zum Beispiel die Bürgerrechtsbewegungen in den USA. In den 1950er Jahren konnten dort die schwarzen Minderheiten die Gleichberechtigung mit den Weißen wie in Schulen und öffentlichen Verkehrsmitteln durchsetzen.

Heute greift die systemische Vernetzung weiter – oder sie ist uns nur stärker bewusst. »Durch den Boykott eines Ölkonzerns entsteht noch kein einziges Windkraftrad«, sagt Caspar Dohmen. Dabei reduziert jedes mit bestem Willen aufgestellte Windkraftrad den Verbrauch an seltenen Erden und bedroht Lebensräume wie den des Roten Milan.

Nach Caspar Dohmen und »Otto Moralverbraucher« ist der reine Boykott systemisch gesehen ziemlich bedenklich. Schon wer – ideologisch bereits gut durchgewalkt und mit besten Absichten – einen Dritte-Welt-Laden betritt, müsse sich auf umfangreiche Gespräche einlassen. Einfach ein Pfund Kaffee kaufen, weil er lecker ist, geht danach ohne konsumpolitische Rechtfertigung nicht.

Nun ja. Wenn ich Kaffee will, dann bekomme ich ihn auch ohne Gewissensprüfung. Caspar Dohmen will damit sagen, dass ein moralisch gerechtfertigter Verbrauch nicht das Ende des Engagements sein sollte. Selbst »Bio« als Produktsiegel auf der Eierpackung ist keine Garantie dafür, dass die Hühner artgerecht oder nur innerhalb der bestehenden Gesetze gehalten werden. Wer verzichtet, verzichtet auch auf Unternehmen, die sich in etwas Neuem mit echter Nachhaltigkeit probieren. Längst versuchen engagierte Textilunternehmen im Preiskampf zu überleben, indem sie sich doch noch auf Kunstfasern und konventionelle Baumwolle einlassen.

Caspar Dohmens »Otto Moralverbraucher« richtet sich an den Verbraucher, der sich gar zu pauschal auf der Seite der moralisch Guten sieht. Meiner Meinung nach schwingt in diesem Titel die gleiche Qualität mit, die Caspar Dohmen seinen Konsumenten vorwirft. Ich schlage mich im Zweifelsfall auf deren Seite, denn jeder Impuls zum Besseren könnte durchaus bewusst und mit bestmöglicher Absicht geschehen.

Denn leider sind unsere Systeme so komplex, dass jedes Engagement unvorhersehbare Reflexe auslösen kann. Die Banane, die wir heute aus politischen Gründen boykottieren, könnte schon morgen das wirtschaftliche Ende einer Großfamilie in Ghana einläuten. Auch die Moral, die wir auf unserer Seite vermuten, hat Folgen für das System. Wie kommen wir da heraus?

Als »Moralverbraucher« tituliert zu werden, ist jedenfalls keine Lösung. Das weiß auch Caspar Dohmen. Er wägt gegen die bewussteren Konsumenten ab und macht dann ein Angebot. Konsum ist das Eine und eine ziemlich private Absicht, die als Kleinvieh vielleicht auch Mist produziert. Am längeren Hebel sitzt trotz allem die Politik. Geht wählen – auch als Konsument! Denn wer die Urnen meidet, verzichtet auf den möglicherweise entscheidenden Einfluss.

Allerdings steht auf den meisten Produkten ein Haltbarkeitsdatum. Bei den Angeboten aus der Politik gibt es das nicht. Im Laden um die Ecke kann ich in fünf Minuten Produkte boykottieren, die seit den aktuellen Nachrichten zur vollen Stunde unmoralisch sind. Probier' das einmal mit einem Volksvertreter gleich nach seiner Wahl!

Ich denke, dass beides nötig ist: politisch engagiertes Konsumieren und bewusst auch am Konsum orientiertes Engagement mit den jeweiligen Möglichkeiten innerhalb der Politik. Moral ist ziemlich relativ, aber sollte es wirklich die der Guten sein, verdient sie eine Chance. Im Tandem mit der Politik verbraucht sie sich zumindest langsamer.



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