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Buchempfehlungen der Redaktion Globalscout


Dagmar Feldmann - Heavy BurnoutDagmar Feldmann
Heavy Burnout

KEN. Irgendwann hat Linda Kunze die Nase voll vom Controlling. Das Wasser steht ihr also noch höher als bis zur Oberkante der Unterlippe. Kopf und Körper machen schlapp, sie lässt sich das als Burnout ärztlich bestätigen. Vom Nichtstun schon bald gelangweilt, denkt sie über ihr Leben im Allgemeinen und ihre Zukunft im Besonderen nach: Journalistin sein wäre doch etwas …

 
 

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Die Autorin, Dagmar Feldmann (Jahrgang 1965), hat bis zu diesem, ihrem ersten Buch schon einiges hinter sich. Sie war Bankkauffrau, Lehrerin, Sachberaterin im Controlling, zwischendurch sogar Flugbegleiterin. Alles etwa so wie Linda Kunze in »Heavy Burnout«. Auch bei ihr ist es nach dem letzten Job als Controllerin mit dem Abheben vorbei und eine längere Auszeit angesagt.

Heavy Metal statt Budgetrunden

Als ihr Genervtsein neben ihrer Umgebung auch ihr selbst auf den Zeiger geht, entscheidet Linda sich für eine neue, glänzende Zukunft und bucht ein Fernstudium für Journalismus. Das Leben schreibt eben die schönsten Geschichten. Dagmar Feldmann greift offensichtlich auf ihre eigenen Erfahrungen zurück. Sie ist – wie Linda – eine Powerfrau, und was sie tut, das tut sie mehr als hundertprozentig. Wie immer legt sie sich auch bei ihrem neuen Ziel ordentlich ins Zeug.

Linda überrundet alle zeitlichen Vorgaben für den Abschluss an der Journalistenschule und beginnt schon bald ein Projekt, das die nächsten Monate ihr Leben bestimmen wird. Sie schreibt einen Blog mit dem Namen »Heart4Metal« über ein Thema, das sie ohnehin interessiert und wird darin dank des Moduls Recherche und der Tipps ihres Lebensgefährten und Gottes aus der Maschine schon bald eine leidlich wahrgenommene Expertin. Sie jettet ihren Interviewpartnern hinterher, wo immer es um das eine geht: Heavy Metal Music.

Dagmar Feldmann schreibt in ihrem Buch also über etwas, dass sie ohnehin beschäftigt, ihr eigenes Leben als Berufstätige, die nicht mehr controllen, sondern Schreiben lernen und vom Schreiben leben will. Sie macht das im Prinzip richtig und wesentlich angemessener als in der Antwort vieler Abiturienten, die »irgendwas mit Medien« machen möchten und darunter verstehen, für das bloße Herumklicken im Internet auch noch bezahlt zu werden.

Den Dagmar-Feldmann-Blog »Heart4Metal« gibt es wirklich. Sagen wir, es gab ihn zumindest als vorläufiges Abschlussprojekt im Rahmen der Ausbildung an der Freien Journalistenschule Berlin. Auch die gibt es wirklich, und bis zum fertigen Journalisten dauert es dort je nach Lerneifer zwölf bis 24 Monate.

Ich finde Dagmar Feldmanns Buch sehr lebensnah – auch mit der Resignation am Ende. Vielleicht weil meine »Ausbildung« zum Journalisten nach vier Jahren als freier Mitarbeiter neben dem Studium, anschließendem Volontariat, später als Dozent zum Thema und insgesamt über 30 Jahren in dem Beruf noch immer weitergeht. Jeden Tag gibt es Neues zu lernen, und wenn es einmal nicht in der Kasse klingelt, dann hapert es an der Recherche dort, wo gerade niemand sonst sucht.  

Zumindest soviel hat Dagmar Feldmann verstanden: Einmal Geschriebenes braucht die Zweitverwertung. So werden aus Dagmar Feldmann Linda Kunze, aus dem eigenen Leben ein Roman und aus den Blogbeiträgen Kapitel ihres Buchs. – Nicht schlecht!

Mir hat die Grundenergie der Dagmar Feldmann gefallen, auch wenn sie sich offiziell aus dem Journalismus verabschiedet zu haben scheint und jetzt im Garten buddelt. Wenn sie Ihren Blog nicht löscht, wird er schon bald wie Satellitenschrott im Daten-All herumdümpeln. Schade drum! Ihr Buch ist ein guter Werbeblock für die Freie Journalistenschule in Berlin, für eine Widerbelebung von »Heart4Metal« und für eine neue Karriere als Romanautorin oder Lektorin. Es ist zudem eine Warnung an alle Studierenden, die sich mit ihrem nächsten Level auf »World of Warcraft« als Internetspezialisten als Online-Redakteure bewerben.

Dazu fällt mir ein, dass, wo »itis« hinten dranhängt, eine Hausapotheke mit den entsprechenden Antibiotika in der Nähe sein sollte. Und wenn was auch immer mit »ismus« endet, so wie Journalismus, stecken Lebensmodelle dahinter, die eine laufende Überprüfung verdienen. Dieses Kapitel vermisse ich in den Programmen der meisten Journalistenschulen. Vor etwa 15 Jahren besuchte ich dazu ein Seminar mit dem Titel »Freier Journalismus als Lebensstil«. Das hätte auch »Lebensform« heißen können.

Im Kurs war alles vorhanden, von den »Amöben«, die sich von dem ernährten, was sie mit ihren Tentakeln zufällig an sich heranwedelten, über die gehetzten »Schwarmfische«, die für das nächste Zeilenhonorar aus dem Bett schossen, wenn ein gut bezahlter Redakteur sie spätnachts mit dem Pager weckte und dem nächsten Polizeiwagen im Einsatz hinterherschickten. Es gab auch die scheinbar unabhängigen »Haie« die rücksichtslos fies alles um sich herum wegfraßen, bis ihnen clevere, manchmal recht geschwätzige »Delfine« wie Flipper mit einem kräftigen Hieb in die Seite das Gesicht aus der Fassade kippten.

Und dann waren da die anderen: Studioleiter, die nach dem Krieg aus anderen Gründen zu ihrem Job gefunden hatten und sich vorzeitig in den Ruhestand versetzen ließen, weil sie zu lange gehofft hatten, dass Hauen und Stechen der Mitarbeiter um Sendeplätze auf ein menschenfreundliches Maß einzudampfen. Es gab auch die am ehesten »Unabhängigen«, die sich keiner Illusion über den Markt hingaben. Sie suchten sich eine parallele Laufbahn, die ihnen ermöglichte, niemals ihre absolute Überzeugung auch nur wegen einer einzigen »redaktionellen Linie« zu verbiegen. Die mag ich bis heute am liebsten. Sie sind meine Hoffnung auf einen weiterhin möglichst unabhängigen Journalismus, während unsere gemeinsamen »festen« Kollegen Kommentare schreiben, mit denen sie keine Meinung bilden, sondern sich das Recht erdreisten, ihre Leser zu provozieren. Oder irgendwelchen Kommunalpolitikern bis zum Anschlag sonst wo hinein kriechen, damit sie die nächste Legislaturperiode überstehen.

Dagmar Feldmann stürzt also vom Burnout als angestellte Controllerin in den Burnout als Meinungsmacherin durch den Blog. Irgendwann sagt sie: »Jetzt ist es gut!«. Sie schaltet den Blog aus und den Laptop zumindest auf Pause, denn vielleicht wird ja ein Buch draus. So sprach sie. Es wurde Abend, es wurde Morgen, und es wurde »Heavy Burnout – Ein musikalischer Härtefall«.



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