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Lukas Niederberger - Am liebsten beidesLukas Niederberger
Am liebsten beides

KEN. Frankreichs früherer Staatspräsident Charles de Gaulle (1890 - 1970) sagte: »Es ist besser unvollkommene Entscheidungen zu treffen, als ständig nach vollkommenen Entscheidungen zu suchen, die es niemals geben wird.« »Am liebsten beides« hilft, die Entscheidungen der einen von denen der anderen Art zu unterscheiden.

 
 

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Lukas Niederberger hat selbst große Umbrüche erlebt. Er trat mit 21 Jahren in den Jesuitenorden ein und verließ ihn mit 43 Jahren wieder. Der Grund war ein anderes Lebensmodell, in dem Partnerschaft und Familie eine Rolle spielen würden. Diese Bedürfnisse wollte er weder länger unterdrücken noch heimlich leben. So ziemlich seit damals ist er mit seinem Thema unterwegs: Wie findet man heraus, was man wirklich will? Wie steht man zu den Konsequenzen und notwendigen Handlungen?

Wie man gute Entscheidungen trifft

Wer in diesem Buch schnelle Rezepte und Hilfen für anstehende Entscheidungen sucht, wird nur zögerlich bedient. Wie in seinen Seminaren sieht der Autor Entscheidungssituationen vor allem »als eine Chance ..., grundsätzlicher nachzudenken über den Sinn und das Ziel des Lebens, über zentrale Werte sowie über innere und äußere, bewusste und unbewusste Treiber und Hemmer.«

Dieses Nachdenken ist leider für viele der Grund, eine Situation schlichtweg auszusitzen. Friedrich von Schiller (1759 - 1805) drückte es in »Wilhelm Tell« so aus: »Wer gar zu viel bedenkt, wird wenig leisten.« Aber da Entscheiden immer auch heißt, sich von weiteren Möglichkeiten zu verabschieden, braucht es nützliche Strategien. Hinweise dafür gibt es in »Am liebsten beides« genug. Um ein paar Stichworte zu nennen:

  • Es geht bei Entscheidungen immer darum, bestmöglich mit vorhandenen Ressourcen umzugehen.
  • Bessere Entscheidungen treffen wir in einem körperlich, psychisch, materiell und spirituell ausgeglichenen Zustand.
  • Entscheidungsprozesse erfordern den richtigen zeitlichen Rahmen. Lukas Niederberger: »Der optimale Entscheidung-Zeitpunkt ist oft da, wo weitere Überlegungen mehr kosten als Nutzen bringen.«
  • Entscheidungen sollen in Bezug auf ein Ziel getroffen werden, das uns Orientierung beim Abwägen der Möglichkeiten bietet.

»Vielleicht« ist nach Niederberger das Lieblingswort unentschlossener Menschen der Gegenwart. »Vielleicht« bleibt unverbindlich und scheint vor Fehlern zu schützen. Gleichzeitig blockiert die eigene scheinbare Freiheit, sich nicht entschließen zu müssen, andere Menschen. Die bleiben ebenfalls im Ungewissen und beschwören dann negative Reaktionen und Ablehnung herauf. Das macht dem Unentschlossenen dann wieder Angst.

Entscheidet man dann also am besten gleich im Team, um die Verantwortung ebenso wie die Folgen zu teilen?

Nach Lukas Niederberger sind Entscheidungen in der Gruppe lediglich umfangreicher als die, die man als System mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen alleine trifft. Auch da gibt es stille und vorlaute Anteile, eher lästige und eben doch dazugehörige Interessen. Teams brauchen daher klare Regeln für den Umgang mit Informationen und mit der Zeit, bis wann eine Entscheidung getroffen worden sein soll.

»Gute Entscheidungen entstehen in Gruppen, in denen die Verschiedenartigkeit der Menschen und ihrer Meinungen nicht nur geduldet, sondern erwünscht und als Bereicherung empfunden und behandelt wird«, sagt Lukas Niederberger. Andererseits nennt er auch die sogenannte Concorde-Falle. In das Überschallflugzeug wurde damals soviel Geld gesteckt, dass niemand sich mehr für einen Abbruch des Projekts entscheiden wollte – bis eine Katastrophe mit zahlreichen Toten die Verantwortlichen wachrüttelte.

Nach dem Modell der Concorde-Falle werden in Deutschland Großprojekte wie der Stuttgarter Tiefbahnhof durchgesetzt. Die Kritiker sind ziemlich sicher, dass hier einerseits mit Grundstücken und Immobilien spekuliert wird, andererseits auch mit der Meinung, ein einmal begonnenes Projekt könne nicht rückgängig gemacht werden. Es soll der Eindruck erweckt werden, die Kosten für einen Abbruch und die Rückentwicklung seien höher als das Projekt mit zusätzlichen Kosten voranzutreiben.

»Am liebsten beides« von Lukas Niederberger ist ein lehrreiches Buch. Es hilft, die eigenen Entscheidungsstrategien ebenso zu überdenken wie öffentliche Entscheidungsprozesse kritisch zu hinterfragen. Denn während die eigenen Entscheidungen immer auch mit einer persönlichen Verantwortung einhergehen und vielleicht deshalb schwer fallen, brauchen Politiker für milliardenschwere Fehlentscheidungen selten mehr fürchten als ihren längst vergoldeten Rücktritt.


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