Wolfgang Westphal
Das Fleisch Gottes

KEN. Wolfgang Westphal (* 1944) betont im Nachwort zu »Das Fleisch Gottes«, dass er seinen spannenden Thriller zwar auf historischen Elementen aufbaut, die Geschichte aber fiktiv und alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen rein zufällig seien. Hoffentlich!

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KZ-Ärzte experimentierten seinerzeit mit Menschen als wären sie Laborratten. Sich deren grausame Neugier überhaupt vorzustellen, berührt bereits ein Tabu – bis heute. Wolfgang Westphal tut in »Das Fleisch Gottes« genau das. Er bildet einen Wahnsinn ab, wie er im Namen der Wehrmacht so stattgefunden haben könnte.

Natürlicher Tod, Mord, Suizid - Werke eines undurchsichtigen Psychiaters?

Wolfgang Westphal studierte Medizin, war Stabsarzt bei der Marine in Kiel und bekleidete verschiedene Assistenz- und Stationsarztstellen, bevor er sich in Bremen niederließ. Als Autor beschäftigt ihn heute unter anderem die Frage, was eigentlich mit all den Ergebnissen der grausamen Forschungen an Menschen in den Konzentrationslagern geschehen ist. Nicht umsonst ist Wolfgang Westphal deshalb Mitglied im Verein »Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.«. Er beschreibt ein radikales Umfeld, das die seit Dachau verschwiegenen Erkenntnisse für den Versuch nutzen möchte, das 1000-jährige Reich wieder aufleben zu lassen.

Im Jahr 2013 erscheinen also Todesanzeigen in einer Bremer Tageszeitung. Niemand weiß, ob sich dahinter natürliche Tode, Morde oder Suizide verbergen. Ihre Zahl nimmt jedoch auffällig zu, und immer wieder fällt in dem Zusammenhang der Name Arnulf von Conradi. Der Psychiater bewegt sich unter Extremisten, die geheimes medizinisches Wissen für politische Zwecke nutzen möchten.

Westphal legt für »Das Fleisch Gottes« in unterschiedlichen Zeiten mehrere Fäden seiner Geschichte an. Da sind auf der einen Seite die 1940er Jahre, in denen der KZ-Arzt Dr. Sigmund Rascher Menschen quält. Von seiner Arbeit in Dachau überdauert ein geheimnisvolles schwarzes Buch.

Diese Notizen geraten in die Hände ebenso einflussreicher wie skrupelloser Männer. Sie wollen auf der ehemaligen SS-Ordensburg Heinrich Himmlers, der Wewelsburg bei Paderborn, ein neues Reich heraufbeschwören. Ein Schritt dazu ist die Umsetzung der Forschungsergebnisse des Sigmund Rascher, um aus harmlosen Menschen gehorsame, eiskalte Killerroboter zu machen. Operationen am Gehirn, die Vergabe von Giften des mexikanischen Pilzes Teonancatl (»Das Fleisch Gottes«) und hypnotische Befehle gehören dazu. Während die Männer um Dr. Conradi ihren skurrilen Wehrmachtsgehorsam pflegen, müssen sie mit Widerstand rechnen.

Unter den Nachkommen der Opfer des Siegmund Rascher gibt es ebenfalls Menschen, die sich erinnern. So verspricht der jüdische Arzt Erez Grünberg, das Schicksal seines Großvaters im Archiv des KZ Dachau zu erforschen und zu vernichten, was auch immer von den damaligen Mördern überdauert hat – einschließlich deren Nacheiferer.

Zufällig wird auch Grünbergs Freundin Judith mit in die Recherchen hineingezogen. Sie erhält von ihrer altersschwachen Großmutter den seltsamen Auftrag, eine Kassette mit Notizen und Fotos unbesehen zu verbrennen – oder die Verantwortung für ihre Neugier zu übernehmen. Schon bald wird Judith Opfer eines alptraumhaften Szenarios, das den Beginn einer unvorstellbaren Katastrophe einleiten könnte.

Das braune Gespenst der 1930er geht wieder um. Wolfgang Westphal lenkt den Blick auf einen Bereich der Medizingeschichte, den man sich kaum anzuschauen traut.